Arbeitswelt 5.0: Homeoffice per Gesetz?
Der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil plant, bis Herbst ein Gesetz für das Recht auf Homeoffice einzuführen. Glaubt man dem Tagesspiegel, würde das den Tod des Feierabends bedeuten.[1] Schafft es der neue Gesetzesentwurf trotz düsterer Prophezeiungen ins Grundgesetz, wird das ganz offiziell der Beginn einer neuen Arbeitswelt.
Dass sich die Arbeitswelt in den letzten Jahren verändert hat, haben wir alle gemerkt. Wir sind anspruchsvoller, flexibler, aber vor allem digital geworden. Keine Unternehmensstrategie bleibt unberührt, wenn es um das Thema Digitalisierung geht. Interne Arbeitsprozesse wurden auf Hochtouren optimiert und neu überdacht. Kommunikationskanäle um eine weitere digitale Plattform erweitert. Das Arbeiten in Coworking Spaces, Desk-Sharing oder Crowdworking gehören mittlerweile genauso zu einem modernen Arbeitsalltag, wie das Arbeiten von zu Hause aus. Doch offensichtlich bedarf es einer weltweiten Pandemie, einer Krise, die die Wirtschaft und Gesellschaft in die Knie zwingt, um die Sinnhaftigkeit dieser „neuartigen“ Arbeitsformen auch für jeden erkennbar zu machen.
Raus aus dem Büro, rein ins Wohnzimmer!
Was in den letzten Jahren unmöglich schien, mussten Unternehmen zu Beginn der Corona-Krise im Eiltempo schaffen. Raus aus dem Büro und rein ins Wohnzimmer war die Devise und das innerhalb weniger Tage. Wer keinen Laptop hatte, dem wurde noch schnell einer besorgt. Der fehlende VPN-Tunnel wurde in kürzester Zeit installiert, um sicher auf den Unternehmensserver zugreifen zu können. Und über Kommunikationsplattformen wie Skype, Zoom und Slack können Mitarbeiter auch vom Wohnzimmer aus an virtuellen Meetings teilnehmen. So war die gesamte Belegschaft plötzlich in der Lage, ihre Arbeit unter den gleichen Bedingungen wie im Büro zu erledigen. Und: Es funktioniert! Allen Skeptikern zum Trotz schaffen es Mitarbeiter, ihre Kommunikation und Teamfähigkeit aufrechtzuerhalten und ihre Arbeitsleistung trotz ungewohnter Arbeitsumgebung zu erbringen. Die Notwendigkeit hat es möglich gemacht.
Arbeitswelt 5.0
Der etwas übereilte Eintritt ins digitale Zeitalter hat den ein oder anderen eventuell etwas überfordert. Nichtsdestotrotz werden sich auch die Nachzügler irgendwann an die neue Arbeitsweise gewöhnen. Auch wenn das Arbeiten von zu Hause nicht für jeden ein permanenter Zustand bleiben wird, ist der digitale Mind Change bereits vollzogen und aus den Köpfen vieler Arbeitnehmer einfach nicht mehr rauszukriegen. Ein Zurück in die alte Arbeitswelt vor der Krise wird es nicht geben. Die Krise hat unweigerlich Türen geöffnet, die bei vielen Unternehmen noch für Jahre geschlossen geblieben wären. Das Arbeiten, losgelöst von starren Arbeitszeiten und einem festen Arbeitsplatz, wird sich langfristig auf dem Arbeitsmarkt durchsetzen. Die Arbeitswelt 5.0 unterscheidet nicht mehr länger zwischen Privat- und Berufsleben, die lang angestrebte Work-Life-Balance wird durch eine Life-Life-Balance abgelöst. Wie von Dr. Martin Grentzer, CFO der aconso AG, bereits in seinem Buchbeitrag „Wir stehen erst am Anfang der digitalen Arbeitswelt: Ausblick 5.0“ beschrieben hat, werden Arbeitsprozesse zukünftig als integraler Teil der eigenen Lebensführung gesehen werden. Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit werden sich zunehmend auflösen – gemäß dem Motto „Work is life and life is work“.[2] Die neue Arbeitswelt denkt nun mal nicht in starren Vorgaben. Sie ist losgelöst von alten Konventionen und hält nichts von der Trennung des Arbeits- und Berufs-Ichs.
Digitalisierung ist jetzt keine Wahl mehr
Was die Krise vielen Unternehmen vor Augen geführt hat, ist die Tatsache, dass das Thema Digitalisierung nun keine Wahl mehr ist, sondern eine Notwendigkeit. Um die neuen Arbeitsformen erfolgreich im Unternehmen umsetzen zu können, bedarf es neuer Technologien und digitaler Tools, die Arbeitsprozesse und Kommunikation unabhängig vom Arbeitsort und der Arbeitszeit funktionieren lassen. Nur so lässt sich die Zusammenarbeit effektiv gestalten und das Gemeinschaftsgefühl trotz räumlicher Trennung aufrechterhalten. Der Digitalisierungsgrad eines Unternehmens wird in Zukunft ein ausschlaggebendes Kriterium sein, um sich als moderner Arbeitgeber auf dem Markt zu etablieren. Unternehmen müssen Versäumnisse der letzten Jahre aufholen und mögliche Lecks in der Digitalisierungsstrategie schnellstmöglich stopfen und in die Praxis umsetzen.
[1] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/wer-kontrolliert-im-homeoffice-den-arbeitsschutz-der-langsame-tod-des-feierabends/25655904.html, 29.04.2020, 09:39 Uhr
[2] Dr. Martin Grentzer: Wir stehen erst am Anfang der digitalen Arbeitswelt: Ausblick 5.0, in Digital Overload Management, Hrsg. Arne Prieß, 2020